Stahl und Nachhaltigkeit: Werkstoff vs. Herstellung

Juni 2024

Stahl ist in punkto Nachhaltigkeit wie ein Schmelztiegel aus unterschiedlichen Legierungen. Während der Werkstoff viele positive Eigenschaften besitzt, ist die Herstellung noch immer problematisch. Wie lässt sich das optimieren? Wir stellen einige Ansätze vor.

Stahl: nachhaltiges Material in der Kreislaufwirtschaft

Der Werkstoff Stahl trägt als besonders haltbares Produkt durchaus zum Thema Nachhaltigkeit in der Industrie bei. Er eignet sich beispielsweise bestens als tragender Konstruktionsbestandteil im Bauwesen, weil Stahl enorm robust ist. Er gilt aber auch als unverzichtbares Material in der Automobilindustrie, wo das Metall verschiedene Anforderungen erfüllen muss, z. B. höchste Stabilität und gleichzeitig effiziente Leichtigkeit.

Stahl ist grundsätzlich widerstandsfähig und kann – je nach Behandlung und Legierung – jahrzehntelang lang halten. Wir denken hier an den  Eiffelturm. Der weist aktuell eine Lebensdauer von über 130 Jahren auf.

Diese Widerstandsfähigkeit macht Stahl zu einem sehr langlebigen Material, das auch ohne großen Wartungsaufwand auskommt. Er eignet sich optimal als Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Denn der Werkstoff ist äußerst flexibel; er lässt sich gut anpassen und modifizieren. Nach der Erstnutzung lässt sich Stahl für andere Zwecke mehrfach aufbereiten.

Das Besondere:

Er verliert dabei weder an Qualität noch an Stärke.

Dieser Aspekt der Wiederverwendung bzw. Langlebigkeit macht Stahl als Werkstoff zu einem  nachhaltigen Produkt.

Nachhaltiger Fertigungsprozess: Herausforderung in der führenden Produktion

Die deutsche Stahl- und Nichteisenmetallproduktion gilt innerhalb der EU als führend. Sie ist nicht zuletzt ein wichtiger Zulieferer für die deutsche, aber auch die internationale Automobilindustrie, in der Hunderte von Stahlsorten zum Einsatz kommen. Den Klimaschutz betreffend kommt der Stahlindustrie deshalb eine besondere Verantwortung zu. Das Problem der Umweltbelastung liegt in der Fertigung. In Hochöfen (70% des deutschen Stahls werden dort erzeugt), in denen Eisenerz geschmolzen wird, herrschen Temperaturen von 2.000 Grad Celsius. Dabei werden Kohlenstoffmonoxid und Stickoxide freigesetzt. Die Öfen werden außerdem mit fossilen Ressourcen betrieben. Diese Verfahrensroute ist dementsprechend für den größten Anteil klimaschädlicher Emissionen verantwortlich. Letzten Messungen zufolge liegen die bei der Metallherstellung freigegebenen CO2-Emissionen bei rund 33,2 Millionen Tonnen (Stand 2022). Es besteht Handlungsbedarf: Die Stahlindustrie muss Prozesse so weit optimieren, dass auf lange Sicht eine klimaneutrale Fertigung des Materials möglich ist. Man spricht hier auch von Green Steel, also Stahl, der möglichst emissionsfrei hergestellt wird.

CO2 reduzieren: Aufgabe für Produktion und Logistik

Das Ziel der Stahlindustrie besteht hauptsächlich darin, weg vom CO2-belasteten/schwarzen hin zum sogenannten Green Steel zu kommen. Die Lösungsansätze, um Emissionen bei der Herstellung von Stahl zu reduzieren, sind verschiedener Natur.

1. Produktion optimieren

Zum einen liegen Chancen zur Optimierung in der Produktion. Wird hier auf die Nutzung von Hochöfen verzichtet, kann man auf Wasserstoff statt auf Hitze zurückgreifen. Bei einer solchen Direktreduktion umströmt gasförmiger Wasserstoff die Eisenerze in einem Schachtofen und reduziert diese dabei. Das Endprodukt entspricht nicht dem flüssigen Roheisen, sondern eher einem Eisenschwamm. Dieser muss zuletzt in einen Elektrolichtbogen- oder Schmelzofen zu Stahl geschmolzen werden. Pro Tonne verwendetem klimaneutralen Wasserstoff lassen sich 28 Tonnen CO2 einsparen. Das Problem bei diesem Verfahren ist bisher aber, dass Wasserstoff selbst noch kein nachhaltiges Mittel ist. Da dessen Herstellung zurzeit noch teuer ist, könnte vorübergehend auch auf Erdgas zurückgegriffen werden.

2. Schrottbasierter Elektrostahl (Sekundärstahlproduktion)

Eine andere optimierte Art der schadstoffreduzierten Stahlherstellung ist der schrottbasierte Elektrostahl. Der Name ist Programm: Bei diesem Verfahren wird Schrott im Elektrolichtbogenofen mithilfe von Strom zu Stahl geschmolzen. Dabei kann der verwendete Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen werden und somit essenzielle Ressourcen schonen. Während bei der Primärstahlproduktion im Hochofen 1,7 CO2 pro Tonne Stahl entstehen, beläuft sich bei der Sekundärstahlherstellung der Anteil auf 0,3  CO2 pro Tonne Stahl. Aber auch hier gibt es eine Herausforderung: Die vorhandenen Schrottmengen sind begrenzt, weshalb die Produktionsmethode nicht beliebig ausweitbar ist.

3. Nachhaltige Logistik

Eine dritte Lösung hin zur ressourcenschonenden Stahlproduktion verbirgt sich im Ansatz der Logistik. Dabei lässt sich schon im Lager sparen. Hersteller können hier auf eine clevere, platzsparende Lagermethode setzen; je besser die Kapazitäten bestehender Hallen genutzt werden, umso mehr wird weiteren Neubauten und etwaigen Flächenversiegelungen entgegengewirkt.

Nicht zu unterschätzen sind die Emissionen, die beim Transport des Stahls anfallen. Hier benötigt es zukünftig einen gesunden Mix aus Flexibilität und Umweltverträglichkeit.

Dabei müssen alle möglichen Transportmittel wie Bahn, Schiff und LKW betrachtet und bestmöglich optimiert werden. Diese Entwicklung kann die Stahlbranche alleine nicht schaffen. Hier benötigt es auch die notwendigen Rahmenbedingungen aus der Politik.

Potenzial erkennbar: schrittweise zur nachhaltigen Herstellung

Das Material Stahl ist an sich also nicht nur ein widerstandsfähiges, sondern auch ein recyclebares Produkt, das sich nicht nur zur Wiederverwendung eignet, sondern auch in das Modell der Kreislaufwirtschaft passt. Damit bildet sich der Werkstoff als starke Lösung beim Thema Nachhaltigkeit heraus. Obwohl Stähle an sich recycelt und wiederverwendet werden können, ist deren Herstellungsverfahren alles andere als nachhaltig. Aber auch hier verbirgt sich Potenzial: Mit verschiedenen Lösungsansätzen kann die Stahlindustrie in der Produktion und Logistik schrittweise grüner werden. 

„Die Transformation kann gelingen. Sie wird dauern und sehr kostspielig, aber es ist nicht unmöglich, Veränderungen in der Branche zu bewirken. Damit einher geht auch der verantwortungsbewusste Umgang mit importierten Rohstoffen – all die Bemühungen nutzen nichts, wenn die Materialien, die aus dem Ausland kommen, nicht den EU-Vorgaben bzw. Maßstäben entsprechen.  Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag zur CBAM-Verordnung.“

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