Recycling von Stahl – eine unendliche Geschichte

Juni 2024

Die meisten denken bei dem Begriff Recycling wahrscheinlich als erstes an Flaschenpfand, (Alt-)Papier, Kunststoffe und Glas. Durch Mülltrennung und entsprechende Rückgabestellen macht es Deutschland den Bürgern auch wirklich einfach. Der Begriff Recycling beschreibt dabei im Allgemeinen die Wiederverwertung nicht mehr gebrauchter Produkte und Materialien, indem sie zu so genannten Sekundärrohstoffen bzw. Recyclingrohstoffen aufbereitet werden. So ist Recycling wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, bei der der Einsatz natürlicher Ressourcen geschont sowie die Erzeugung von Emissionen verringert wird. Aber recyceln Sie auch Stahl?

Recycling von Stahl in Deutschland

Denn auch und insbesondere Stahl, übrigens ebenso wie die Metalle Eisen, Aluminium und Kupfer, ist ein Werkstoff, der sehr gut recycelt werden kann. Weißblech, das für Dosen, Fässer oder Kronkorken verwendet wird, ist beispielsweise das meistrecycelte Verpackungsmaterial. In Deutschland beträgt seine Recyclingrate nahezu 90 Prozent. Tatsächlich aber ist Stahl das weltweit am häufigsten recycelte Material, da es nahezu ohne Qualitätsverlust vollständig und beliebig oft wiederaufbereitet und -verwendet werden kann. Doch warum ist das Recycling von Stahl so wichtig? Was wird wirklich eingespart? Woher kommt der wiederverwendbare Stahl? Und ist er dann wirklich noch so gut wie ein Primärrohstoff? Wir liefern Ihnen hier mal ein paar Fakten zu diesem Thema.

Alte Eisen und stahlharte Fakten

Durch seine langlebigen Eigenschaften trägt Stahl wie kaum ein anderes Material zur Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei. Daher wird auch der Stahlindustrie eine nicht unerhebliche Rolle im Bezug auf den Umweltschutz zuteil. Denn durch das Recyceln von Eisen- und Stahlschrott werden insbesondere CO2-Emissionen und natürliche Ressourcen wie Eisenerz eingespart. Dabei entspricht der Einsatz einer Tonne Stahl- und Eisenschrott dem Abbau von 1,5 Tonnen Eisenerz für die Primärerzeugung. Es ist daher kein Wunder, dass Eisen- und Stahlschrott in Stahlwerken auf der ganzen Welt als bevorzugter Rohstoff für die Neuproduktion von Stahl verwendet wird. In Deutschland beispielsweise kommen jährlich nahezu 20 Millionen Tonnen Eisenschrott für die Rohstahlproduktion zum Einsatz – das entspricht einer Stahlmenge von ca. 3.000 Eiffeltürmen. Doch wo kommt dieser Schrott her? Man unterscheidet den Stahl- und Eisenschrott gemäß seiner Herkunft in drei Kategorien:

  1. Eigenschrott. Dieser fällt direkt in den Stahlwerken an. Da chemische Zusammensetzungen und Legierungen bekannt sind, kann diese Kategorie direkt wieder der Neuproduktion zugeführt werden. Übergeordneter Gegenspieler ist der Fremdschrott, der von Stahlwerken dazugekauft wird.
  2. Neuschrott stammt aus der stahlverarbeitenden Industrie, wie beispielsweise Stanzabfälle aus dem Automobilbau, und wird an Stahlwerke verkauft. Auch hier ist der Schrott in der Regel sortenrein und wenig bis gar nicht mit Fremdstoffen verunreinigt.
  3. Altschrott bezeichnet Güter und Geräte, die am Ende ihrer Lebensdauer angekommen sind. Er kommt aus den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel der Fahrzeugindustrie, aus Haushaltsgeräten oder dem Gebäudebau. Verwertungsbetriebe oder Metallhändler recyceln und verkaufen diese Art Schrott. Die Produkte sind meist Jahrzehnte alt und gegebenenfalls schon mehrfach recycelt („Multirecycling“), sodass hier durch Beschichtungen oder andere Verbindungen die größte Verunreinigung besteht.

Durch weitere, jedoch nicht genormte oder international anerkannte Schrottsortenlisten, wird der Schrott in verschiedene Sorten unterteilt, um ihn sauberer aufbereiten zu können. Dennoch hält sich der Aufwand und die Komplexität des Verfahrens, um aus Schrott einen wiederverwendbaren Rohstoff zu erzeugen, in Grenzen. Vereinfacht gesagt, gilt es lediglich das Material durch Schreddern, Scheren und Pressen sortenrein zu segmentieren und in die gewünschte Form zu bringen.

CO2-Senker: Recycling stählt die Umweltbilanz

In Deutschland ist der Prozentsatz des wiederverwerteten Stahlschrotts in der Herstellung von Stahl seit den frühen 1990er Jahren markant gestiegen und übersteigt mittlerweile 42 Prozent (Stand Oktober 2022). Der Einsatz von Sekundärrohstoffen spielt jedoch nicht nur eine bedeutende Rolle bei der Reduktion von Primärrohstoffen. Auch in Bezug auf die Emissionen bei der Produktion ist die Nutzung von recyceltem Stahl und Eisen deutlich spürbar: Die Verwendung einer Tonne Stahlschrott spart CO2-Emissionen in gleicher Höhe ein. In Deutschland werden also jährlich rund 20 Millionen Tonnen CO2 vermieden. Das zeigt sich auch deutlich im Energieverbrauch. Während bei der Stahlproduktion mit Primärrohstoffen im Hochofen ca. 6.500 kWh Strom verbraucht werden, sind es bei der Erzeugung aus Recyclingrohstoffen lediglich 1.800 kWh. Und es wird noch besser: Mit jeder Recyclingstufe, die das Material durchlebt, verringert sich der ökologische Fußabdruck weiter. Durch Multirecycling über mehrere Lebenszyklen hinweg werden so die CO2-Emissionen bei der Herstellung einer Tonne Stahl um die Hälfte verringert. So werden mit Stahlrecycling in Deutschland jährlich 120 kg CO2 aus dem Konsum eines durchschnittlichen Verbrauchers eingespart.

Positiver Blick in die Zukunft: gleiche Stärke, neues Leben 

Auch nach mehreren Lebenszyklen und Aufbereitungsprozessen verliert der Rohstoff dabei nicht an Qualität. Oft wird daher statt „Sekundärrohstoff“ der Begriff „Recyclingrohstoff“ präferiert. Denn es handelt sich bei der Wiederaufbereitung eben nicht um die Zweit- oder gar Minderverwertung des Materials – im Gegenteil geht es um die Erzeugung eines hochwertigen Rohstoffes, der immer wieder in gleichbleibender Qualität zurückgewonnen werden kann. Der Herstellung der Recyclingrohstoffe liegen strenge Kriterien zugrunde, die hinsichtlich Umwelt- und Qualitätsstandards oft sogar über dem Primärrohstoffniveau liegen. So macht es in der Produktion und für die späteren Stahlprodukte keinen Unterschied, ob der Rohstoff erstmalig oder zum wiederholten Mal verwendet wird. Tatsächlich sind rund 84 Prozent des weltweit jemals produzierten Stahls immer noch in Benutzung.

Die auf Recyclingrohstoffen basierende Stahlproduktion ist also wesentlicher Bestandteil der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Zusammen mit der zukünftig angestrebten wasserstoffbasierten Primärstahlproduktion trägt das Stahlrecycling einen bedeutenden Teil zu einer klimaneutralen Stahlindustrie bei.

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