Wasserstoff für die Stahlindustrie: Die Zukunft der klimaneutralen Stahlproduktion

veröffentlicht: August 2025

Stahl ist aus unserer modernen Welt nicht wegzudenken – von Wolkenkratzern bis hin zu Autos und Windrädern. Doch seine Produktion hat einen hohen Preis für das Klima: Laut der World Steel Association verursacht die Stahlindustrie mehr als 7 % der weltweiten CO₂-Emissionen. Die gute Nachricht? Es gibt eine Alternative. Wasserstoffbasierter Stahl, auch „Grüner Stahl“ genannt, könnte das Zeitalter der klimafreundlichen Stahlproduktion einläuten. Doch wie funktioniert das eigentlich? Und ist diese Technologie wirklich die Lösung für eine nachhaltige Industrie?

Stahl ist aus unserer modernen Welt nicht wegzudenken – von Wolkenkratzern bis hin zu Autos und Windrädern. Doch seine Produktion hat einen hohen Preis für das Klima: Laut der World Steel Association verursacht die Stahlindustrie mehr als 7 % der weltweiten CO₂-Emissionen. Die gute Nachricht? Es gibt eine Alternative. Wasserstoffbasierter Stahl, auch „Grüner Stahl“ genannt, könnte das Zeitalter der klimafreundlichen Stahlproduktion einläuten. Doch wie funktioniert das eigentlich? Und ist diese Technologie wirklich die Lösung für eine nachhaltige Industrie?

Traditionell wird Stahl in Hochöfen produziert, die mit Kohle betrieben werden. Dabei entstehen in mehreren Arbeitsschritten nicht nur Eisen aus Eisenerz, sondern auch erhebliche Mengen CO₂. Laut dem Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien gingen 2023 rund 23 % der deutschen Treibhausemissionen auf den Industriesektor zurück. Damit ist er nach der Energiewirtschaft der zweitgrößte Verursacher. Die Stahl- und Eisenbranche trägt daran einen erheblichen Anteil. Gerade deshalb bietet der Wandel hin zu grünem Stahl ein enormes Potenzial für den Klimaschutz. 

 

Wasserstoff statt Kohle: Wie Hochöfen klimafreundlich werden

Beim wasserstoffbasierten Verfahren ersetzt Wasserstoff die Kohle als Reduktionsmittel im Hochofen. Das Ergebnis: Statt CO₂ entsteht lediglich Wasserdampf. Der Prozess findet hauptsächlich in Direktreduktionsanlagen (DRI) statt. Diese verarbeiten das aus dem Eisenerz gewonnene Eisen weiter.

Obwohl auch dieser Prozess nicht völlig emissionsfrei ist, lassen sich durch den Einsatz von grünem, also klimaneutralen, Wasserstoff enorme CO₂-Einsparungen realisieren. Laut der Wirtschaftsvereinigung Stahl könnten pro Tonne eingesetztem klimaneutralen Wasserstoff rund 28 Tonnen CO₂ vermieden werden. Investitionen in neue Produktionsverfahren könnten es ermöglichen, klimaneutralen Wasserstoff bereits vor 2030 flächendeckend in der Stahlproduktion einzusetzen. Ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung des Klimaziels.

 

Hürden auf dem Weg zum grünen Stahl

Klingt vielversprechend? Ist es auch – doch leider gibt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen:

  • Wasserstoff-Verfügbarkeit: Die Menge an grünem Wasserstoff, die derzeit produziert wird, ist zu wenig. Sie reicht nicht aus, um die gesamte Stahlproduktion zu versorgen.
  • Hohe Kosten: Die Herstellung von grünem Stahl ist aktuell noch deutlich teurer als konventionelle Verfahren.
  • Politische Rahmenbedingungen: Die Wirtschaftsvereinigung Stahl fordert gezielte politische Maßnahmen, um nachhaltige Geschäftsmodelle für diese Investitionen zu ermöglichen.

Ein möglicher Zwischenschritt könnte der Einsatz von wasserstoffreichem Erdgas als Reduktionsmittel im Hochofen sein. Dieses würde in neuen Stahlerzeugungsverfahren bereits erhebliche CO2-Minderungen ermöglichen. Laut Berechnungen der Wirtschaftsvereinigung Stahl könnten durch eine Kombination aus Erdgas und klimaneutralem Wasserstoff bis 2030 CO2-Reduktionen von 25 % (etwa. 13 Millionen Tonnen CO2) erzielt werden.

Praxisbeispiel 1: Carbon2Chem-Technologie und bluemint® Steel - Wie thyssenkrupp auf grünen Stahl setzt

Viele große Stahlhersteller investieren bereits in Pilotprojekte und bauen neue Produktionsanlagen. Ein Beispiel ist thyssenkrupp Steel. An seinem Standort in Duisburg erprobt das Unternehmen zwei CO₂-reduzierende Technologien:

  1. Carbon2Chem-Technologie: Hier werden in einer Versuchsanlage Hüttengase abgefangen. Das darin enthaltene CO₂ wird für die Herstellung von Düngemitteln und Kraftstoffen genutzt. Laut Unternehmensangaben soll dieses Verfahren bis 2030 großindustriell anwendbar sein.
  2.  bluemint® Steel: In der Produktionsphase ersetzt thyssenkrupp die traditionelle Einblaskohle im Hochofenprozess durch Wasserstoff als Reduktionsmittel. Das reduziert die CO₂-Emissionen und den gesamten CO₂-Fußabdruck des Stahls um bis zu 70 %. So sinkt die CO₂-Intensität pro Tonne Stahl von 2,1 Tonnen auf bis zu 0,6 Tonnen.
     

Praxisbeispiel 2: Stahl aus dem Elektrolichtbogenofen – Green by nature. Wasserstofftests bei der Swiss Steel Group

Die Swiss Steel Group setzt zur Stahlherstellung ausschließlich Elektrolichtbogen Öfen ein.

Beim Elektrolichtbogenofen-Verfahren (EAF) wird Stahl vor allem aus Stahlschrott hergestellt. In einem großen Tiegel wird der Schrott mit mächtigen Elektroden durch elektrische Lichtbögen auf Temperaturen von über 1.600 °C erhitzt und so geschmolzen. Dieses Verfahren benötigt keine Hochöfen und kein Eisenerz als Hauptrohstoff, sondern nutzt bestehendes Material, das am Ende seiner Lebensdauer wieder in den Produktionskreislauf zurückkehrt. Das spart nicht nur wertvolle Rohstoffe, sondern auch erhebliche Mengen an CO₂-Emissionen.

Da der Ausgangsstoff fast ausschließlich recycelter Stahl ist, steht der EAF sinnbildlich für die Kreislaufwirtschaft: Aus Altstahl wird neuer Qualitätsstahl – immer wieder und ohne Qualitätsverlust. Der Einsatz von Strom, idealerweise aus erneuerbaren Energien, macht den Prozess zusätzlich klimafreundlich. So ist Stahl aus dem Elektrolichtbogenofen von Natur aus „green“ – robust, langlebig und am Ende seines Lebens erneut vollständig recycelbar.

In einem von der EU geförderten Projekt untersucht die Swiss Steel Group, wie Stahlproduktion durch den Ersatz von Erdgas mit sauberem Wasserstoff klimafreundlicher gestaltet werden kann. Dabei werden zwei verschiedene Ofentypen (Heiz- und Glühöfen) und zwei verschiedene Brennerarten (Impuls- und Flammensysteme) auf ihre Effizienz mit Wasserstoff getestet. Dies ist notwendig, da man mit dem Einsatz von Wasserstoff in diesen Produktionsschritten noch so gut wie keine Erfahrungen über die Auswirkungen hat.

 

Fazit: Der Weg in eine klimafreundliche Zukunft

Langfristig ist grüner Wasserstoff entscheidend, um die Stahlindustrie nachhaltiger zu gestalten. Er sichert ihre Zukunftsfähigkeit und hilft, Arbeitsplätze zu erhalten. Wasserstoffbasierter Stahl ist eine vielversprechende Lösung für eine klimafreundliche Industrie. Die Praxisbeispiele von thyssenkrupp und Swiss Steel zeigen, dass Unternehmen mit unterschiedlichen Ansätzen an der Transformation arbeiten – aber mit einem gemeinsamen Ziel: Stahl klimafreundlich zu machen.

Es gibt jedoch noch Herausforderungen. Grüner Wasserstoff ist derzeit nur begrenzt verfügbar und teuer. Doch sinkende Preise für erneuerbare Energien und gezielte politische Anreize könnten grünen Stahl in den kommenden Jahren zur neuen Norm machen. Die Weichen für den Wandel sind gestellt. Nun braucht es Mut und Investitionen, um die Transformation zu einer nachhaltigeren Stahlproduktion voranzutreiben.

 

Seite teilen