Veröffentlicht: Dezember 2020
Ebenso wie Legierungselemente (beispielsweise Chrom, Nickel und Aluminium) tragen auch Wärmebehandlungen zur Veränderung von Stahleigenschaften bei. Das spielt beispielsweise dann eine Rolle, wenn Bauteile, die hochbelastet werden, eine hohe Widerstandsfähigkeit aufweisen müssen.
Dieser Artikel zeigt im Detail, wie sich das Härten, Vergüten und Glühen auf das Stahlgefüge und somit auf die Stahleigenschaften auswirkt.
Das Ziel des Härtens von Stahl ist die erhebliche Steigerung des Härtegrads. Hier gilt es zu beachten, dass verschiedene Legierungen unterschiedliche Härteverfahren bzw. Parameter voraussetzen. Um zu erfahren, wie sich das Härten auf die Eisen-Kohlenstoff-Legierung auswirkt, werfen wir einen Blick in das Innere des Gefüges:
Zu Beginn – im „Normalzustand“ – liegt der Stahl im Ferrit vor. Hierin kann sich der Kohlenstoff nicht lösen. Heizt man den Stahl bis auf die Härtetemperatur auf (780°C bis ca. 1.250°C) und hält man die Temperatur dort kurz, so kann sich der Kohlenstoff im Stahl lösen und sich zwischen zwei Eisenmolekülen absetzen.
Unmittelbar danach folgt das schnelle Abschrecken (Abkühlen) in Wasser, Öl, Warmbad oder in Luft. Das führt zum Martensit, einem Gefügezustand, der den Stahl glashart macht. In diesem ist der Kohlenstoff im Werkstoff noch gelöst und gleichzeitig ist die Struktur des Gefüges verzerrt. Allerdings ist das Material im Martensit weniger leicht zu bearbeiten. Es ist weniger zäh, aber dafür rissempfindlich.
In diesem Gefügezustand kann man das Material durchhärten oder Induktivhärten. Beim Induktivhärten wird der Randbereich gehärtet und der Kern des Werkstoffs bleibt im Urzustand.
Vergüten ist ein Härtevorgang bei Temperaturen von 800-1100 °C mit nachfolgendem hohem Anlassen (Wiedererwärmen) auf Temperaturen zwischen 550 und 700 °C. Dabei entsteht ein feinkörniges Werkstoffgefüge mit hohen Festigkeitswerten.
Beim Vergüten erreichen die Anlass-Temperaturen mehr als 450 °C, sodass ein feinkörniges Gefüge mit hoher Zähigkeit und gleichzeitig guter Festigkeit entsteht.
Verwendung findet Stahl mit diesen Eigenschaften bei Konstruktionswerkstoffen im Maschinen- und Anlagenbau. So werden beispielsweise Werkzeuge zur Zerspanung (Bohrer, Fräser, Zahnräder) gehärtet, während hauptsächlich Schrauben, Bolzen und Wellen (zur Kraftübertragung) vergütet werden.
Allgemein kann man das Glühen als Wärmebehandlung bestehend aus Erwärmen auf eine bestimmte Temperatur bezeichnen. Hinzukommen Halten und Abkühlen in einem ausgewählten Medium, das die Abkühlgeschwindigkeit bestimmt. Es lohnt sich jedoch, das Glühen in vier Verfahren einzuteilen:
- Weichglühen (+A)
- Spannungsarmglühen (+SR)
- Normalglühen (+N)
- Lösungsglühen(+AT)
Das Ziel dieses Wärmebehandlungsverfahrens ist es, die Zerspanbarkeit bzw. die Möglichkeiten, es zu bearbeiten zu verbessern.
Beim Weichglühen wird das Material erhitzt, bis es glüht (zwischen 650°C und 750°C). Wer Werkstoff wird dann einige Zeit bei erhöhter Temperatur bis zur vollständigen Gefügeumwandlung gehalten, ehe er langsam abkühlt. Dadurch werden die Härte und die Festigkeit des Materials verringert und die Verarbeitbarkeit erleichtert.
Das Spannungsarmglühen bezeichnet die sanfte Wärmebehandlung des Stahls. In dieser werden Eigenspannungen des Materials ohne wesentliche Änderungen des Gefüges und der mechanischen Eigenschaften verringert.
Spannungsarmes Glühen erfolgt in einem Temperaturbereich zwischen 500 und 650°C mit nachfolgender langsamer Abkühlung.
Im Allgemeinen sollen mit dem Normalglühen Gefügeungleichmäßigkeiten beseitigt und ein feinkörniges, gleichmäßiges Gefüge mit optimalen Festigkeits- und Verformbarkeitseigenschaften erzielt werden. Wofür steht das „normal“ in der Verfahrensbezeichnung? Durch starke Beanspruchungen (Schmieden etc.) kann das Gefüge grobkörnig werden. Mit dem Normalglühen erreicht man ein normales Gefüge.
Bei Stählen mit einem höheren Kohlenstoffgehalt liegt die Glühtemperatur knapp unter 800°C. Haben die Stähle einen geringen Kohlenstoffgehalt, wird das Normalglühen bei gesteigerten Temperaturen von bis zu 950°C durchgeführt.
Um das Ziel des Lösungsglühens zu verstehen, müssen zuallererst die Folgen der Kaltverformung, bspw. durch Ziehen, Walzen, Pressen, Stauchen betrachtet werden. Dabei wird das Gefüge von Metallen in der Verformungsrichtung gestreckt. Die Festigkeit steigt an, gleichzeitig nimmt die Verformbarkeit ab. Um den ursprünglichen und homogenen (deshalb nennt man das Lösungsglühen auch Homogenisierung) Gefügezustand wiederherzustellen, muss ein Lösungsglühen durchgeführt werden. Das Lösungsglühen ist also ein Glühverfahren, das vor allem zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit angewandt wird.
Es wird bei hohen Temperaturen zwischen 1.050 und 1.300 °C durchgeführt.
Wie die Übersicht gezeigt hat, führen Wärmebehandlungsverfahren wie das Härten, das Vergüten und das Glühen zu Veränderungen im Stahlgefüge. Diese Veränderungen sind für die verschiedenen Einsatzgebiete des Stahls sehr wichtig. Ebenso wie die Legierungselemente hat diese Bearbeitung einen Einfluss auf die Eigenschaften der späteren Werkstücke.
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